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Der Atlantikwall in Dänemark
Stand 03.08.2017
Dänemark wurde bis zum Kriegsende 1945 nicht in Kampfhandlungen verwickelt. Die dänische Küste bot sich aus Sicht des deutschen Oberkommandos zwingend als möglicher Landungspunkt an, um von Norden her gegen die deutsche Grenze
vorzustoßen und gegen Deutschland den letzten und vernichtenden Schlag führen zu können. Zunächst festungsbautechnisch vernachlässigt, wurden daher die dänischen Strände nach der alliierten Landung 1944 mit Priorität befestigt. |
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Was nirgendwo erreicht wurde, hier schuf die OT eine nahezu durchgängige Befestigungslinie, die zumeist aus flankierend eingesetzten Kleinstständen für MG oder Pak bestand. Trotz Sturmfluten und anderer äußerer Einflüsse
sind die Bauwerke bis in die heutige Zeit stellenweise in großen Teilen erhalten
geblieben. Für den Festungstouristen ist in Dänemark nachvollziehbar, wie diese sogenannte '1. Linie', die die Zwischenräume zu den Stützpunktgruppen schloß, anderenorts hätte aussehen können.
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Aufgrund der relativen Nähe zu England bildete Dänemark zwingend eine Basis für deutsche Luftstreitkräfte, deren Geschwader auf etliche große Fliegerhorste, beispielsweise
Aalborg, Karup und Rom sowie
kleinere Feldflughäfen verteilt wurden. Die Fliegerhorste wurden durch zahlreiche Flugabwehrstellungen gesichert. |
Zudem wurden zahlreiche Funkmeßstützpunkte errichtet, um alliierte Bombereinflüge in Richtung Reichsgebiet rechtzeitig weitermelden zu können.
Diese Meldungen wurden bereits in Dänemark zusammengefaßt und nach Auswertung für die Jagdstreitkräfte in den zuständigen Flugmeldezentralen gebündelt nach Deutschland weitergegeben.
Die maritime Bedeutung Dänemarks lag vor allem in seiner Sperrfunktion der Ostseezugänge. Verteilt auf strategisch günstige Positionen konnten hier schwere Seezielbatterien die Meerengen Skagerrak und Kattegat im Zusammenwirken mit auf norwegischen Boden stationierten Anlagen recht wirksam sperren.
Das östliche Dänemark war lange Zeit 'sicher' gegen alliierte maritime
Maßnahmen, sieht man einmal von U-Boot Unternehmungen und schnellen Vorstößen
kleinerer Einheiten ab. Gegen Kriegsende wurde aber die Bedrohung aus der Ostsee
durch sowjetische Schiffseinheiten immer größer. Man war deutscherseits
gezwungen, nun auch die Meerengen (die "Sunde") zwischen den dänischen
Ostseeinseln durch die Anlage von Marinebatterien zu sichern. Durch Zeit- und
Rohstoffmangel blieb es meistens bei einem feldmäßigen Ausbau mit relativ
schwachen Kalibern.
Zudem begann man erst spät (Ende 1944) mit
der Sicherung dieser Meerengen und griff mangels stärkerer Kaliber auf eine
pivotierte Marineversion der 75 mm Pak zurück, die in offenen Bettungen
installiert wurde. Eigentlich war diese Sicherung zur Bekämpfung größerer
Seeziele ab Torpedoboot aufwärts völlig unzulänglich, auch wenn der Beweis
dafür nie erbracht werden mußte. |
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Der nördlichste Verteidigungsbereich Dänemarks liegt mit Frederikshavn demzufolge auch fast an der
Nordspitze des Landes. Einige wenige Stützpunktgruppen (Hirtshals, Lökken, Blokhus) sicherten die langgezogenen Strände bis nach Hanstholm
– der ersten Hafenstadt nach Frederikshavn. Allerdings
war die Kapazität dieses Hafens recht beschränkt – die strategische Wichtigkeit des
Ortes lag vielmehr darin begründet, daß hier der Skagerrak seine schmalste
Stelle hatte, die zu sperren man bemüht war. Man versuchte dies mit zwei
überschweren Geschützbatterien des Kalibers 38 cm, stationiert eben in Hanstholm
und gegenüber in Norwegen bei Kristiansand (Batterie VARA). Trotz der ihrer
hohen Reichweite von fast 50 km reichte es nicht, den Skagerrak komplett zu
sperren. Die Mitte der Meerenge wurde daher mit einer Minensperre verschlossen.
Im Gegensatz zu den Atlantikfestungen wurde in Hanstholm eine Region allein zum Schutz der schweren
Seezielbatterie 'Hansted II' (4 - 38
cm) zum Verteidigungsbereich erklärt und entsprechend mit schweren Flugabwehrbatterien und infanteristischen Schutzanlagen ausgestattet. |
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Heute kann man das gesamte Batteriegelände besichtigen, wobei im Sommer sogar eine Fahrt mit der Munitionsbahn möglich ist, die vom Hanstholmer Museumscenter
in Betrieb gehalten wird. Das Museum ist auch in anderer Hinsicht äußerst rührig. So hat man die 2. Bettung der 38 cm Batterie als Museum ausgebaut, die 17 cm Batterie Hansted I freigeräumt und plant nun die Weiterführung des Bunkerpfades an der Südklippe. Parallel dazu wurde ein aus dem Stützpunkt Agger geborgener Maschinengranatwerfer M 19 restauriert. |
Die sich nach Süden anschließenden Anlagen des Atlantikwalls dienten dann wiederum dem
Schutz der Strandzufahrten und der maritimen Zugänge der Binnenseen. |
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Vor allem der Jütland in zwei Hälften teilende Limfjord wurde an seinen Engstellen mit vollfestungsmäßigen Bauwerken zum Schutz der jeweiligen Brücke oder Fährverbindung ausgestattet. Gut erhaltene Beispiele findet man heute noch beiderseits der Aggersund- und der
Oddesundbrücke.
Der östliche Zugang des Limfjordes wurde lediglich von leichten Anlagen geschützt. Der westliche Zugang wurde von Marinesperrbatterien (Agger-Tange), Heeresküstenbatterien (Thyborön, Törring), Flugabwehrstellungen (Thyborön) und Infanteriestellungen
(Agger, Harböre, Maarhus, Vrist, Ferring) an der Basis der jeweiligen Landzunge gesichert.
Einige Heeresküstenbatterien in festungsmäßigem Ausbau und in Feldstellungen sicherten das küstennahe Fahrwasser von Bjerghuse/Fjand über Söndervig und Nymindegab
bis nach Blaavand. Durch Sturmfluten an dieser offenen Küste
werden immer wieder Bauwerke des Atlantikwalls zu- oder manchmal sogar wieder
freigespült. Neben den Bauwerken der Sperrbatterie Lökken Nord und der HKB Vigsö
dürfte die bei Söndervig liegende Heeresküstenbatterie Kryle ein gutes Beispiel
für die fortschreitende Bodenerosion darstellen. Der ursprünglich stabil
verankerte Leitstand R 636 wurde von den Brechern der Nordsee regelrecht
angeschlagen.
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Andererseits kamen im Winter 2008 vier am Ufersaum
liegende R 501 wieder zum Vorschein. |
Dank umfangreicher Räumarbeiten konnten die noch
vorhandenen Einrichtungsgegenstände und andere Fundstücke abgeborgen werden. Sie
werden zur Zeit unter der Federführung des Museumscenters Hanstholm restauriert.
Wir berichten darüber ausführlich in den
Heften 52 und
53 der DAWA Nachrichten. |
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Das
Blaavandshuk, der westlichste Punkt Dänemarks,
springt westlich in die Nordsee hinein und deckt balkonartig die Reede von
Esbjerg. |
Sieht man einmal von den Ostseehäfen ab, wies Dänemark 1945 in ganz Jütland nur einen einzigen leistungsfähigen Hafen, nämlich den von Esbjerg, auf. Dieser liegt zudem nahe der deutschen Grenze und es lag auf der Hand, Esbjerg zu einer 'Festung' zu
deklarien. Mit integriert wurde die Küste östlich von Blaavand und die Insel Fanö, die als ein natürliches Sperrfort vor der Hafeneinfahrt liegt.
Das Poldergebiet bis zur deutschen Grenze (siehe
DAWA Nachrichten 50-53) eignete sich nicht für Anlandungen größeren Stils.
Umfangreiche Befestigungen wurden daher nicht angelegt. Auch wurde
Römö, obwohl gegenüber der bereits deutschen Festung Sylt liegend,
zunächst nicht mit Priorität behandelt. |
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Einige festungstechnische 'Schätze' hat Zentraldänemark mit seinen
Fliegerhorsten und Gefechtsstandstellungen zu bieten. Sowohl bei Silkeborg wie auch bei Skanderborg kann man Teile dieser komplexen Anlagen mit ihren interessanten Regelbautypen als Museum besuchen.
Der Nachrichtenstand V 196 beim Silkeborg Bad war einmal für
kurze Zeit begehbar. Der nahebei liegende große Funksendestand R 691 ist der
einzige uns bekannte Bau dieses Musters am Atlantikwall. Auch er wurde
zwischenzeitlich an seiner Eingangsfront freigelegt. Die Leitung des
Bunkermuseums Silkeborg ist weiterhin bemüht, nach und nach Teile dieser
großen Gefechtsstandsstellung begehbar zu machen. Zeitgleich werden immer
wieder neu gefundene Ausrüstungsgegenstände restauriert oder angekauft, um
im Museumsbunker R 622, einem Doppelgruppenunterstand, ausgestellt zu
werden. Es ist erstaunlich, wieviel Einrichtungsgegenstände die
Nachkriegszeit teilweise in ihren Originalverpackungen überdauert haben. |
Die ehemaligen Fliegerhorste sind oft noch
im Besitz des Militärs, vor allem der zentral gelegene Flughafen
Grove bei
Karup. Örtliche Bestrebungen sind im Gange, den einen oder anderen
Bunker für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. |
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Zur Vertiefung:
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